Vorsteuerabzug sichern! – Wechsel zur umsatzsteuerlichen Regelbesteuerung

Stand:
Thematik: Steuern & Recht

Aufgrund der Einführung einer Umsatzgrenze zur Anwendung der Umsatzsteuerpauschalierung mussten viele land- und forstwirtschaftliche Betriebe zum 01.01.2022 zwangsweise in die umsatzsteuerliche Regelbesteuerung wechseln. Strittig ist immer noch die Rechtsfrage, ob ein Vorsteuerabzug bereits im Kalenderjahr 2021 geltend gemacht werden kann, wenn zum Zeitpunkt des Leistungsbezuges im Jahr 2021 bereits feststand, dass mit der bezogenen Eingangsleistung erst nach dem Jahreswechsel, also im Jahr 2022 oder später, regelbesteuerte Ausgangsumsätze erbracht werden sollten.

Mit dieser Rechtsfrage hat sich aktuell das Niedersächsische Finanzgericht auseinandergesetzt. Im Streitfall wurden im Kalenderjahr 2021 unter anderem Aufwendungen für die „Herstellung“ von Milchkühen getätigt. Ein Einsatz dieser noch nicht „fertiggestellten“ Milchkühe zur Milcherzeugung konnte unzweifelhaft erst im Kalenderjahr 2022 erfolgen. Aus diesem Grund hat der Landwirt gegenüber dem Finanzamt die in Rechnungen über Herstellungskosten der Milchkühe ausgewiesenen Umsatzsteuerbeträge im Jahr 2021 als Vorsteuern geltend gemacht. Die Erstattung der Vorsteuerbeträge lehnte das Finanzamt mit der Begründung ab, dass zum Zeitpunkt der Leistungsbezüge im Kalenderjahr 2021 noch die Umsatzsteuerpauschalierung zur Anwendung käme.

Das Niedersächsische Finanzgericht hat mit Urteil aus Mai 2022 dieser Rechtsauffassung des Finanzamtes widersprochen und einen normalen Vorsteuerabzug im Kalenderjahr 2021 zugelassen. Die Richter stimmten damit der Auffassung des Klägers zu, dass es für die Frage des Vorsteuerabzuges allein auf die beabsichtigte Verwendung der Eingangsleistungen ankomme. Da die Eingangsleistungen zur Herstellung der Milchkühe ihre Verwendung im Rahmen der Regelbesteuerung ab 2022 fänden, sei der Vorsteuerabzug für 2021 zu gewähren. Die von der Finanzverwaltung eingelegte Revision gegen das Urteil des Niedersächsischen Finanzgerichtes wurde zugelassen. Somit ist nun abzuwarten, wie der Bundesfinanzhof in München schlussendlich entscheiden wird.

Die Finanzverwaltung bleibt ihrer bisherigen Rechtsauffassung weiterhin treu. Im Juni 2022 hat das Bundesfinanzministerium ein Schreiben zur neuen 600.000-Euro-Umsatzgrenze veröffentlicht und allgemein erklärt, dass ein Vorsteuerabzug in Fallkonstellationen wie im Urteilsfall des niedersächsischen Finanzgerichts nach wie vor nicht möglich sei. Dies betrifft beispielsweise auch Fälle, in denen im Kalenderjahr 2021 Aufwendungen für die Ernte 2022 getätigt wurden oder für Stallbauten, die erst nach dem Jahreswechsel 2021/2022 erstmalig in Betrieb genommen wurden. Im Hinblick auf das anhängige Revisionsverfahren vor dem Bundesfinanzhof sind entsprechende Fälle offen zu halten.

 

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